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ZUKUNFT UNSERER INNENSTÄDTE – UNTERWEGS IN TUTTLINGEN 

Fehlende Kunden, Geschäftsaufgaben und Leerstände? Als Musterbeispiel für eine verödete Innenstadt taugt Tuttlingen wirklich nicht. Davon habe ich mich als Wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, die sich aktuell über die Situation des stationären Einzelhandels in Innenstädten informiert, vor Ort überzeugt. Es läuft an der Donau vieles gut, auch wenn manches besser sein könnte.

Einen besseren Tag, um sich die Tuttlinger Innenstadt anzuschauen, hätte ich mir gar nicht aussuchen können. Es ist Wochenmarkt, zwischen den Ständen ist das Gedränge groß, die Innenstadt platzt schier aus allen Nähten.

Diese „Frequenzbringer“ seien das, was Mittelzentren und noch kleinere Städte bräuchte, um sich von den Großstädten abzuheben und für Familien interessant zu sein. 

 

Auch Philipp Hilsenbek, Leiter der Standortpolitik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg, hat „bei Tuttlingen ein gutes Gefühl“. Durch die sanierte Innenstadt aber auch den Posten eines Citymanagers bei der Stadt seien richtige Grundlagen für den Handel geschaffen. „Es ist die Mischung von Städtebau, Tourismus und Marketing. Und dann geht es darum, den langen Atem zu haben“, sagt Hilsenbek. Nach den beiden Corona-Jahren würden sich alle freuen, einkaufen und sich austauschen zu können.

Bei Andreas Ströble, Inhaber des gleichnamigen Optikhaus, kommt dies aktuell nicht an. Er spürt die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der steigenden Inflation. 

„Man merkt es bei den Leuten. Das Kaufverhalten nimmt stark ab, es ist fast mit einem Lockdown zu vergleichen. Die Menschen überlegen sich genau, was sie kaufen“, meint er. Die Zurückhaltung der Kunden ist das eine, was Ströble umtreibt. Die Diskussion um den Straßenverkehr ist das andere. „Was passiert, wenn die Kunden nicht mehr mit dem Auto in die Innenstadt fahren dürfen. Die wollen vor den Laden fahren, sonst kommen sie nicht. Das macht schon Sorge“, erklärt er und verweist auf das Parkkonzept der Stadt – verbunden mit dem Ziel, weniger Fahrzeuge an die Innenstadt heranzulassen.

Auch Frank Butsch, Inhaber des gleichnamigen Sportgeschäfts und Vorstandsmitglied des Gewerbe- und Handelsvereins ProTUT, kritisiert den Umgang mit dem motorisierten Individualverkehr. Allerdings aus einem anderen Grund. Für ihn ist Innenstadtentwicklung zugleich Stadtentwicklung. Statt im Zentrum vermehrt auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu setzen und Kunden, die nicht auf das Auto verzichten wollen, zu vergraulen, sollte man den Blick weiten. „Warum nutzen wir nicht die Parkplätze im Industriegebiet und bringen die Kunden von da in die Innenstadt. Das sollten wir verzahnen. Wir sind in Tuttlingen eine Handelsgesellschaft und sollten die Vorteile zusammenwerfen.“

Inhaber rechnet vor, Umsatzrückgang ließe sich leicht auffangen
Alleine sei man im Industriegebiet abgelegen. Die, die dort einkaufen, fahren anschließend sofort wieder weg. Ohne in andere Geschäfte zu gehen oder noch einen Kaffee zu trinken. Aber gerade der Austausch von Kunden zwischen Innenstadt und Außenbereich könne helfen, sagt Butsch. Die Gruppe Intersport, zu der auch Butschs Geschäft gehört, prognostiziert innerhalb der nächsten fünf Jahre einen Umsatzrückgang von insgesamt 20 Prozent. Das ließe sich, so sagt der Händler, leicht auffangen. „Wenn wir im Geschäft von 200 Leuten, die nichts kaufen, nur drei zum Kaufen bringen, dann können wir den Verlust ausgleichen. Wenn wir vier Leute überzeugen, machen wir sogar ein Plus. Das ist keine Riesensache.“

„Einzelhandel braucht Perspektiven“: IHK kritisiert Umgang der Politik mit Händlern
TUTTLINGEN
„Ein­zel­han­del braucht Per­spek­ti­ven“: IHK kri­ti­siert Um­gang der Po­li­tik mit Händ­lern
Eine höhere Frequenz braucht es, zum Beispiel durch ein breites Sortiment der Geschäfte oder besondere Aktionen wie an einem verkaufsoffenen Sonntag. Allerdings müsse man dazu, so Hilsenbek, auf eine Durchmischung der Innenstadt achten. „Wir brauchen auch die Dienstleistungen, sonst werden abends die Bürgersteige hochgeklappt.“ Das bestätigt auch Michael Steiger, Geschäftsführer des „Irish Pub“ in Tuttlingen sowie in Villingen-Schwenningen. „Wenn uns die Pandemie etwas gelehrt hat, dann, dass Handel nicht ohne Gastronomie geht und umgekehrt. Das muss mehr Hand in Hand gehen“, erklärt der Vorsitzende des IHK-Tourismusausschuss. Allerdings sei Tuttlingen da auch schon besser geworden. Er mahnte an, dass man sich mehr um den Tourismus kümmern müsse. Und nicht nur um die Urlauber. Die Pandemie und zunehmende Videokonferenzen hätten dazu geführt, dass immer weniger Geschäftsleute in Hotels abstiegen. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute wiederkommen und dann auch mal einen Tag länger bleiben.“ Beherberungsbetriebe müssten sich auf die Situation einstellen und Tagungsräume für Hybridveranstaltungen – in Präsens und dank starker Datenleitung auch digital – bereitstellen.

Hilsenbek forderte zudem, dass das Land Fördermittel nicht nach dem Windhundprinzip – die ersten bekommen Geld – verteilt. „Die Städte sind gewohnt, etwas schnell aus der Schublade zu ziehen. Für kleinere Gemeinden ist es fast nicht zu leisten, die Bedingungen in zwei Wochen zu erfüllen. Da müssen die Fristen verlängern, damit auch die Kommunen bei Förderungen den Finger strecken können.“ Außerdem sollten die Fördermittel in kleinere Beträge und auf mehr Nutznießer aufgeteilt werden.

Ich bin sicher: Wir müssen uns aktiver miteinander vernetzen. Einzelhandel ist nicht solitär zu denken. Und Innenstadtentwicklung ist vor allem Stadtentwicklung, bei der auch Verkehr und Parken eine größe Rolle spielt. Bei der Planung sollte man die Kreise nicht zu klein ziehen.

Weitere Infos zu unserer Schwerpunktaktion “Zukunft der Innenstädte” finden Sie unter folgendem Link: https://fdp-landtag-bw.de/im-fokus/zukunft-fuer-innenstadt-und-einzelhandel/


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